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Ausrückgabel

Verfasst: 09.01.2023 11:46
von d_boehringer
Die Ausrückgabel Nr. 84 oder Nr. 11722 wird ja benötigt;

um die Schnurlaufrolle Nr. 22K oder Nr. 10327
um das Zahnrad 25K oder Nr. 10727
um das Zahnrad 26K oder nr. 10721
zu koppeln oder entkoppeln.

Mir ist aufgefallen, dass die Ausrückgabel als Bild und in den Stücklisten fehlt; Handbücher Nr. 71 bis 1929.
Zwar sind die Schnurlaufrollen und Zahnräder mit Kupplungen in den Stücklisten, aber die Ausrückgabeln fehlen.

Die Ausrückgabel Nr. 84 erscheint erstmals als Bild in der Ausgabe Nr. 71 von 1930, aber da auch nicht in den Stücklisten.

Wie konnten dann damals diese Kupplungsteile verwendet werden?
Und waren diese doch in den Kästen vorhanden?

Re: Ausrückgabel

Verfasst: 09.01.2023 22:20
von Norbert
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Hallo Daniel,

die Ausrückgabel wurde m.W. erstmals 1928 im Anleitungsbuch für Betriebsmotoren No. 72 (16 06 28) gezeigt:
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MMA_1928-06_#72-055.jpg
Seite 55 der Motoren-Anleitung No. 72 von 1928.

Die referenzierte Seite zeigt die Ausrückgabel auf beiden Seiten des Elektromotors No. 1301M:
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MMA_1928-06_#72-041.jpg
Seite 41 der Motoren-Anleitung No. 72 von 1928.

Gemäß der Inhaltslisten für die Motoren-Baukasten im selben Heft war die Ausrückgabel je zweimal enthalten in:
  • No. 1301 Elektromotor 20 Volt
  • No. 1302 Elektro-Motor-Magnet-Licht für 20 Volt
Die Klauenkupplung selbst wurde bereits 1919 am 1" Schnurlaufrad eingeführt und zuerst als
  • Nr. 76 Schnurolle mit Kupplung
in der Beilage zum Anleitungheft No. 71 (= 1918er Ausgabe mit neuen Preisen gültig ab 1. Mai 1919) zusammen mit den anderen neuen Teilen vorgestellt:
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MMA_1919_#(72)-12k.jpg
Letzte Seite der Beilage zum Anleitungsheft No.71, erste Ausgabe 1919 (Ausgabe 191).

In der 2. Ausgabe dieses Heftes No. 71 mit eingedruckten Preisen, gültig ab 1. Nov 1919, hieß dieses Teil nur noch:
  • No. 76 Klauenkupplung
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MMA_1919-A2_#71-149.jpg
Seite 149 des Anleitungsheftes Nr.71, zweite Ausgabe 1919 (Ausgabe 192).

Bemerkenswert ist, daß die Nabe der Rolle keine Gewindebohrung hat und und auch keinen Einstich aufweist, mit dessen Hilfe das Rad auf der Welle verschoben werden kann. Vielleicht ging man davon aus, daß die Kupplung nur im Stillstand von Hand zu bedienen sei.

Diese Klauenkupplung No. 76 war von 1919 - 1923 in folgenden Kasten je 1x enthalten:
  • Nr. 202 Uhrwerk-Motor, als Ergänzung zu Metallbaukasten Nr. 4 bis Nr. 6
  • Nr. 301 Elektro-Motor Starkstrom
  • Nr. 302 Elektro-Motor-Magnet-Licht Starkstrom
Sie war letztmalig in der Preisliste M129, gültig ab 5. April 1924 aufgeführt (die Nr. 76 wurde 1927 an das Anleitungsheft für Maschinen- und Brückenbau neu vergeben).

Kurz darauf erschein eine neue Ausgabe des Anleitungsheftes Nr. 71 (20524 und 20724) mit 176 statt der bisher 154 Seiten. Darin werden erstmals die folgenden Kupplungsräder gezeigt:
  • No. 22K Schnurlaufrad mit Klauenkupplung
  • No. 25K Zahnrad, 18 mm Ø, 25 Zähne, mit Klauenkupplung
  • No. 26K Zahnrad, 14 mm Ø, 19 Zähne, mit Klauenkupplung
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MMA_1924-05_#71-170.jpg
Seite 170 des Anleitungsheftes Nr. 71 (20524)

Diese Teile waren nur in den Kasten Nr. 5 und Nr. 6 bzw. den zugehörigen Ergänzungskasten enthalten:
  • Kasten Nr. 5: 1 x 22K, 1 x 25K
  • Kasten Nr. 6: 2 x 22K, 1 x 25K , 1 x 26K; ab 1925: 2 x 25K
Die Teilezahl erhöhte sich dadurch nicht, denn es wurde jeweils die bisherige Anzahl normaler Räder und Ritzel entsprechend vermindert und die Kupplungsstücke wurden nicht mitgezählt.

Bis zum Erscheinen der Ausrückgabel 1928 mußte sich der Konstrukteur also eine eigene Lösung ausdenken, z.B. zwei parallele Bänder, die in die Nut ragen und gemeinsam verschoben werden können.

Solange man Modelle dieses Anleitungsheftes nachbaute, fiel das Fehlen einer Ausrückgabel nicht auf, denn die K-Räder kamen darin zunächst gar nicht vor. In den Heften Nr. 71 von 1927 - 1930 tauchen erstmals bei zwei Maschinen die Ritzel 25K bzw. 26K auf. Es sind dies die Modelle
  • No. 609 Hobelmaschine (Eisen) : 1 x 26K
  • No. 616 Dreschmaschine mit Lokomobile : 1 x 25K, 1 x 26K
Beim Vergleich mit früheren Ausgaben stellt man fest, daß lediglich eines von drei normalen Ritzeln durch ein Ritzel mit Kupplungsnabe ersetzt werden sollte, das Kupplungsstück und damit die eigentliche Funktion dieses Ritzels, wird bei keinem dieser Modelle benötigt.

Das gilt selbst noch für die in der ab 1933 folgenden Anleitung Nr. 71b neu hinzugekommenen Modelle. Der Grund dafür ist offensichtlich:
  • Es gab es niemals eine Ausrückgabel Nr. 84 im Bestand der Vorkriegs-Grundbaukasten.

Ab 1947 war die Ausrückgabel Nr. 84 nur im größten Grundkasten Nr. 105 und demnach auch im Ergänzungskasten Nr. 104A mit je drei Stück enthalten. Den Kasten 105 gab es wegen fehlender Produktionsressourcen allerdings erst ab 1949.

Das erste Anleitungsbuch Nr. 171 von 1949 für die Kasten 101 – 105 enthält keine Modelle, die eine Ausrückgabel benötigen. Das änderte sich erst mit Erscheinen des Anleitungsbuches Nr. 171b für die Kasten 103 - 105 ca. 1953/54, das leider keinen Druckvermerk enthält. Demnach ist bei folgenden Modellen die Aurückgabel Nr. 84 verbaut:
  • Nr. 105-101 Gabelstapler (2x)
  • Nr. 105-103 Frachtdampfer (1x)
  • Nr. 105-106 Mähdrescher (1x)
  • Nr. 105-110 Feuerwehrauto (2x)
  • Nr. 105-111 Eisenbahn-Waggonkipper (1x)
  • Nr. 105-112 Riesen-Schwimmkran (1x)
1957 wurde die Teilenummer der Ausrückgabel in 11722 geändert, die entsprechenden Kasten hießen nun 1015 bzw. 1034.

Mit Einführung der A-, B-, C-Kasten 1976 wurde die Ausrückgabel zu einem Spezialteil, blieb es auch bei den späteren roten M-Kasten, den Themenkasten und einer erneuter Umnumerierung 1996 in 117220 bis zur Einstellung des MÄRKLIN-Metallbaukasten Programms 1999.

Danach war dieses Teil noch bis ca. 2012 bei METALLUS unter der Nr. 5010-05 zu beziehen.

Was ich oft bedauert habe, daß es diese Ausrückgabel nicht in gestreckter Form gegeben hat, am liebsten noch mit einer Nabe zum Befestigen auf einer Betätigungswelle, wie sie Metallus für die Meccano-Nabenkupplung hergestellt hat:
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Metallus Ausrückgabel für Sockelkupplung.jpg
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Gruß
Norbert
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Re: Ausrückgabel

Verfasst: 10.01.2023 07:39
von d_boehringer
Hallo Norbert

Besten Dank für diesen ausführlichen Bericht.
Da hast du Recht mit der Metallus-Ausführung, so ein Teil (5010-7) wäre für mich auch interessant.
Da werde ich mal sehen, ob es in unserer Firma möglich ist, so ein ähnlichers Teil nachzubauen.

Gruss
Daniel

Re: Ausrückgabel

Verfasst: 10.01.2023 17:02
von Südbadener
Hallo zusammen,

in den größeren Vorkriegskästen waren zwar Räder mit Klauenkupplung, aber keine Ausrückgabeln enthalten. Das Ausrücken bei den Modellen im Anleitungsbuch erfolgte mit z. B. Winkelstücken, die in die Rille am Rad eingriffen. Warum man diese Behelfslösung wählte und den Kästen nicht auch ein paar Ausrückgabeln spendierte, kann ich nicht sagen.

Gruß Kurt